Über die Seriennummern und Herstellungsjahre von Lenzkirch Uhren wird heftig gestritten. Die Herstellungsjahre, bezogen auf die Seriennummern der Werke, können daher nur ungefähr angegeben werden. Die Tabelle, die immer im Internet offen zugänglich war, ist verschwunden. Sie können lediglich auf die Tabelle aus der englischen Fachliteratur zugreifen, oder nach bereits registrierten Uhren bei den Lenzkircher Uhrenfreunden recherchieren. Ich selbst verzichte darauf, es geht niemanden etwas an, welche Werte ich sammle. Meine Uhren sind nirgendwo registriert, es sei denn, ein Vorbesitzer hätte das getan. Der Kunde soll selbst entscheiden, ob er seine Uhr registrieren lassen will.
Zum einen muss man die Kriege beachten, während derer die meisten Uhrenfabriken Rüstungsgüter hergestellt haben und die Fabrikation von Uhrwerken ausgesetzt war. Zum anderen gab es keine digitalen Register, wie heute, sondern nur Papier. Einige Hersteller legten nach den Kriegen Produktionsserien neu auf und ließen sie wieder mit niedrigen Werksnummern beginnen.
Auch darüber, dass Lenzkirch eine Produktlinie 2, mit der Punze 2Q geschaffen haben soll, streitet man sich. Die einen behaupten, das seien Werke verminderter Qualität, deren Federhäuser nicht poliert gewesen und Schrauben nicht gebläut gewesen seien, um Aufwand und Produktionskosten zu sparen.
Andere tun das als Blödsinn ab und sagen, die Werke wären von gleicher Qualität, das sei ein Marketing-Gag der Firma Lenzkirch gewesen, die mit “noch besserer Qualität der 2. Generation” geworben hätten. Aus meiner langjährigen Arbeit direkt an den Werken, kann ich an Werken, die mit 2Q markiert sind, keine minderwertigere Qualität feststellen. Weder an den Federhäusern, noch sonst wo.
Viele sind sich jedoch darüber einig, dass man sich nach der Tabelle von Hans Heinrich-Schmid, Verfasser des “Lexikons der Deutschen Uhrenindustrie” richten kann, der akribisch über Jahre hinweg recherchiert hat. Dies ist die glaubwürdigste Tabelle, nach der man sich grob richten kann. Zieht man die Gehäuseformen und Stilrichtungen, die langsam ineinander übergingen, mit ein, kann sich eine Diskepanz von +/- 15 Jahren ergeben. Und hier ist zu beachten, dass manche Einrichtungsstile so beliebt waren, dass sie immer wieder eine Renaissance erlebten, wie zum Beispiel der Louis Philippe Stil.
Tatsache ist, dass Lenzkirch mit der Uhrenfabrik Carl Werner im Clinch lag und behauptete, dieser hätte ihre Werke kopiert und an jeden verkauft. Werner ließ daraufhin “Konkurrenz” oder “Werner’s Original” in die Uhrwerksplatinen stanzen.
Der Streit fand in den 1880er Jahren statt und ging sogar so weit, dass Lenzkirch die eigene Arbeit vor etwa 1883 verleugnet hat, indem sie von da an behaupteten, alle Werke ohne Lenzkirch Punze wären nicht von ihnen, sondern Plagiate.
Hier zeigt aber die Geschichte, dass die Punzen teilweise erst entstanden, als der Konkurrenzdruck unter den Herstellern immer größer wurde und man sich mit der eigenen Hausmarke profilieren wollte.
Ich selbst hatte vielfach Uhren in der Restaurationswerkstatt, deren Gehäuse hinten mit Stempel versehen waren, die Werke aber nicht gepunzt waren. Die Gehäuseformen sind dann meist dem Biedermeier und Louis Philippe zuzuordnen. Das unterstützt wiederum die These, dass Lenzkirch zunächst französische Rohwerke in eigenen Gehäuse verbaut hat, was als verbrieft gilt.
Als nicht verbrieft gilt übrigens, dass alle Gehäuse gestempelt sein müssen, um von Lenzkirch zu sein.
Was Carl Werner angeht, deren Urenkel ich selbst mal kennenlernen durfte, kann das, was behauptet wird, nicht bestätigt werden. Carl Werner war viel rühriger, experimentierfreudiger und hat immer wieder neue Patente angemeldet, während Lenzkirch sich auf den erreichten Lorbeeren ausruhte und vermehrt auf edle Gehäuse setzte, in die die bereits bekannten Uhrwerksserien eingebaut wurden.
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